Heimstätte vor- und frühgeschichtlicher Nutzpflanzen sowie gefährdeter Ackerwildkräuter

Samenernte
Samenernte im FF. ©Wolfgang Ehmke

Im Taunus nördlich von Schlangenbad-Hausen liegt das Feldflora-Reservat (FFR) Hausen. Es wird vom Kulturlandschaftsverein Hausen v.d.H. betreut und hat folgende Ziele:

  • Erhaltung und Wiedereinführung der heimischen Ackerwildkrautflora im Taunus durch extensive Nutzung
  • Anbau alter, zum Teil vor- und frühgeschichtlicher Kulturarten, die heute nicht mehr oder kaum noch in der Landwirtschaft bekannt sind
  • Nachahmung der früheren landwirtschaftlichen Betriebsweise (z. B. Dreifelderwirtschaft und Erntemethoden) als Beitrag zur Wiederbelebung agrarhistorischer Kenntnisse
  • Information der Öffentlichkeit durch Hinweistafeln, Broschüren, Führungen, Tagungen
  • Somit Schaffung eines – wenn auch bescheidenen – Beitrages zur Förderung des naturbezogenen Tourismus
Einkorn, Kornblumen, Kornraden und Klatschmohn
Parzelle mit Einkorn; darunter Kornblumen, Kornraden und Klatschmohn. ©Wolfgang Ehmke

Wenngleich das Projekt langfristig angelegt ist – Gründung 2001 -, haben sich bereits Erfolge bei der Zielerfüllung eingestellt. So vermehrte sich z. B. die Wildkrautflora von einem anfänglichen Bestand an Segetalarten von 40 auf derzeit 140 Sippen, darunter neun Sippen der Roten Listen wie Kornrade, Saat-Wucherblume und Gefurchter Feldsalat. Auf zahlreichen Tafeln, Führungen und Veranstaltungen wurden der interessierten Bevölkerung Kenntnisse der Landschafts- und Siedlungsgeschichte des Taunus vermittelt.

Im FFR werden folgende, heute hier nicht mehr gebräuchliche Nutzpflanzen angebaut (Kulturen können wechseln bzw. zeitweilig ausfallen):
Einkorn (Triticum monococcum), Emmer (Triticum dicoccum), Dinkel (Triticum spelta), Kolbenhirse (Setaria italica), Rispenhirse (Panicum miliaceum), Buchweizen (Fagopyrum esculentum), Lein (Linum usitatissimum), Färberwaid (Isatis tinctoria), Schlafmohn (Papaver somniferum), Linse (Lens culinaris), Ackerbohne (Vicia faba), Linsenwicke (Vicia ervilia), Leindotter (Camelina sativa), Hanf (Cannabis sativa).

Lein
Parzelle mit Lein. ©Wolfgang Ehmke

Die erwähnten Kulturpflanzen sind für die Archäobotanik von erheblichem Interesse, weil sie teilweise als erste Kulturarten bereits in der Jungsteinzeit (Ende 6. Jahrtausend v. Chr.) unseren Raum erreichten und in Siedlungsresten (z. B. in der Wetterau oder im Goldenen Grund südlich der Lahn) nachgewiesen werden konnten. Dazu gehören u. a. Emmer, Einkorn, Linse sowie Lein als Ölfrucht, damals bereits begleitet von der Roggentrespe (Bromus secalinus). Im Mittelneolithikum (ab Anfang/Mitte 5. Jahrtausend v. Chr.) kamen Nacktgerste und Nacktweizen hinzu, während Hirse, Dinkel, Ackerbohne und Leindotter erst ab der Bronzezeit auftraten. Genauere Angaben zur Geschichte des Nutzpflanzenanbaues finden sich in der Begleitbroschüre, die jedem/r Besucher/in des FFR bei Führungen ausgehändigt wird. Ausserdem liegt sie in der Unterstellhütte des FFR aus, die im keltischen Stil (mit Strohdach) errichtet wurde.

Führung
Führung im Feldflora-Reservat. ©Privat

Je nach Kulturart, Anbaumethode und Standortbedingungen entwickeln sich ganz verschiedene Wildkrautgesellschaften. So gibt es Arten, die hauptsächlich im Sommergetreide vorkommen (z. B. Saat-Wucherblume) oder im Wintergetreide (z. B. Kornrade) bzw. in den Hackfruchtkulturen (z.B. Acker-Leinkraut). Die Gesellschaft der Leinäcker gilt wegen des fast ganz erloschenen Leinanbaues in Deutschland als ausgestorben. Auf der Leinparzelle des FFR werden in Kooperation mit dem Botanischen Garten Frankfurt/M. – der noch über entsprechendes Saatgut verfügte – einige ausgestorbene Lein-Wildkräuter wie der Lein-Lolch, die Lein-Seide und die Lein-Lichtnelke angebaut und Samen geerntet. Desgleichen werden extra einige Kartoffelreihen angepflanzt, um dazwischen das vom Aussterben bedrohte Acker-Leinkraut zu vermehren und Samen zu gewinnen. Alle anderen Wildkräuter sind spontan (d. h. ohne Aussaat) aufgetreten und finden im FFR ein dauerhaftes Refugium.

Bisher im FFR vorgefundene spontane Rote-Liste-Arten (manche treten nicht jedes Jahr auf):
Kornrade (Agrostemma githago), Acker-Steinsame (Buglossoides arvensis), Saat-Hohlzahn (Galeopsis segetum), Saat-Wucherblume (Glebionis segetum), Echtes Tännelkraut (Kickxia elatine), Acker-Löwenmaul (Misopates orontium), Ackerröte (Sherardia arvensis), Gefurchter Feldsalat (Valerianella rimosa), Glanzloser Ehrenpreis (Veronica opaca).

Weitere Angaben zum FFR im Internet unter www.feldflora-taunus.de

Literatur

Ehmke, W. (2001): Das Artenhilfsprogramm für Ackerwildkräuter im Rheingau und Westtaunus.– Jb. Nass. Ver. Naturkunde 122 : 59-82.
Körber-Grohne, U. (1994): Nutzpflanzen in Deutschland.– Kulturgeschichte und Biologie.– 3. Aufl., 490 S.; Konrad Theiss-Verlag, Stuttgart.
Kreuz, A. (2002): Germanische Pflanzenreste aus dem Hintertaunus (Usingen).– HessenArchäologie 2002: 92-94.
Kulturlandschaftsverein Hausen (2010) : Hinweise zu den Kulturen und Wildpflanzen im Feldflora-Reservat Schlangenbad-Hausen – Brosch., 2. Aufl., 16 S.
Schade, C. & S. Schade-Lindig (2003): Ausgrabung der ältestbandkeramischen Siedlung «Kuhboden» bei Bad Camberg-Würges, Kreis Limburg-Weilburg.– Ber. Komm. Archäol. LaForschg Hessen 7: 7-29.