Von Benedikt Toussaint, Taunusstein

Prof. Dr. Benedikt Toussaint
Der Autor Prof. Dr. rer. nat. habil. Dipl.-Geol. Benedikt Toussaint ist Hydrogeologe und war Leiter des Dezernats Grundwasser und Hydrologie bei der Hessischen Landesanstalt für Umwelt bzw. dem späteren Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG) in Wiesbaden (heute Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie HLNUG) und zuletzt Leiter der Abteilung Wasser als Leitender Geologiedirektor. Nach seiner Habilitation in den 1990er-Jahren parallel dazu Professor an der RWTH in Aachen mit Schwerpunkt Erkundung und Sanierung von Altlasten im Grundwasserbereich.

Der sich zwischen Lorch am Rhein und Bad Nauheim über rund 75 Kilometer Länge erstreckende Taunus ist zusammen mit dem Hunsrück, von dem er durch das Tal des Mittelrheins getrennt ist, mit dem er aber die gleiche geologische Geschichte hat, südlichster Teil des Rheinischen Schiefergebirges. Im Nordosten bei Bad Nauheim grenzt er an die Wetterau, der nördlichen Fortsetzung des NNO-SSW verlaufenden Oberrheingrabens. Seine Entstehung verdankt das Rheinische Schiefergebirge und somit auch der Taunus einer Plattenkollision vor rund 325 Millionen Jahren (Variskische Orogenese) gegen Ende des Unterkarbons (geologische Zeitskala). In Höhe des Äquators schob sich der Südrand des Nordkontinents Laurussia unter eine abgedriftete Microplatte des großen Ur-Kontinents Gondwana. Die Geologen sprechen von einer Subduktion. Von Süden nach Norden wird der Taunus in drei SW-NE streichende geologische Einheiten gegliedert: die Vordertaunus-Einheit, die Taunuskamm-Einheit und die Hintertaunus-Einheit. In diesem Beitrag werden alle drei tektonischen Einheiten beschrieben, nicht nur die Taunuskamm-Einheit, die naturräumlich mehr oder weniger mit dem heutigen Mittelgebirge, der „Höhe“, gleichgesetzt wird.

Die Vordertaunus-Einheit

Die ältesten Gesteine befinden sich in der Vordertaunus-Einheit. Ihre gesamte Mächtigkeit wird auf ca. 5.200 Meter geschätzt (Klügel 1997). Ganz im Südwesten des Taunus werden mit Ausnahme des Großraums Wiesbaden etwa zwischen Oestrich-Winkel und Oberursel die früher Phyllite genannten grünlich gefärbte Eppsteiner Schiefer-Folge und die darüber folgende graue Lorsbacher Schiefer-Folge mit dominierenden Grau- und Schwarztönen als jüngste Metasedimente angetroffen.

„Meta“kommt von Metamorphose. Das bedeutet, dass Gesteine durch hohen Druck und hohe Temperaturen während einer Gebirgsbildung in Tiefen von mehreren 1.000 Metern verändert werden.

Die Burgruine Frauenstein
Abbildung 2: Die Burgruine Frauenstein im Wiesbadener Stadtteil Frauenstein (hier der Bergfried) wurde mit Gesteinen der Vordertaunus-Einheit (Serizitgneis) errichtet. ©Benedikt Toussaint

Die Ausgangsgesteine der Schieferfolgen waren vornehmlich Tonsteine und Tuffite mit Abfolgen von Arkosesandsteinen und Quarziten. Im Falle der Lorsbacher Schiefer-Folge auch Kalksteine. Ihre zeitliche Einstufung in das oberste Silur (Eppsteiner Schiefer-Folge) und Unterdevon (Lorsbacher Schiefer-Folge) ist umstritten. Bei dem von Anderle (2012) und Reitz et al. (1995) neu definierten Bierstadt-Phyllit, einem ehemaligen Tonstein aus dem tieferen Ordovizium handelt es sich (mit einem mikropaläontologisch abgesicherten Alter von etwa 480 Mio. Jahren) um das das älteste Gestein im Untergrund überhaupt. Er wird in einem mindestens zehn Kilometer langen Streifen zwischen dem Wiesbadener Kurhaus und Eppstein-Bremthal vermutet, er wurde allerdings bislang nur erbohrt, in Baugruben und beim Vortrieb des Schulwald-Tunnels bei Medenbach angetroffen. Seine tektonische Stellung ist unbekannt.

Nordwestlich schließen sich der für Wiesbaden charakteristische hellgrüne, seidig glänzende Serizitgneis, der heute Wiesbaden-Metarhyolit genannt wird und in wesentlich geringerer Verbreitung ein Grünschiefer an, der jetzt als Rossert-Metaandesit bezeichnet wird. Aus plattentektonischer Sicht geht man davon aus, dass es sich ursprünglich um Inselbogen-Vulkanite handelt. Aufgrund radiometrischer Messungen ist der Metarhyolit vor etwa 442 Millionen Jahren entstanden, der Metaandesit vor rund 426 Millionen Jahren, also im Zeitraum Oberes Ordovizium/Silur. In einem schmalen Band schließen sich nach Nordwesten die in das jüngste Silur datierten und somit mindestens 417 Millionen Jahre alten Kellerskopf-Schichten an, die früher Graue Phyllite genannt wurden. Sie haben nur eine geringe Verbreitung am Südrand des Taunus zwischen der Bundesstraße B 54 nördlich Wiesbaden und Niedernhausen-Niederjosbach.

Die Taunuskamm-Einheit

Taunus-Gesteine
Abbildung 3: Kochs Tafel 76 (Taunus-Gesteine), Taunusquarzit mit Dendriten (aus Merlot 2009).

Auf die vordevonischen Gesteinsserien folgen nach Nordwesten hin die unterdevonischen Gesteine der Taunuskamm-Einheit. Sie weisen ein Alter von 417-405 Millionen Jahre auf und haben im Durchschnitt eine Mächtigkeit von insgesamt 3.100 Metern (Klügel 1997). Die Folge beginnt mit den vermutlich etwa 1.500 Meter mächtigen (Meyer & Stets 1996) Bunten Schiefern der Gedinne-Stufe mit roten (feine Hämatit-Pigmente) und grünlichen (Serizit und Chlorit) Farbtönen. Sie entstanden unter zeitweiligem Einfluss eines Flachmeeres und im Bereich von Flussmündungen.

Kirche in Niedernhausen-Oberjosbach
Abbildung 5: Die Kirche in Niedernhausen-Oberjosbach wurde aus Taunusquarzit errichtet. ©Alexander Stahr

Darüber folgen der etwa 140 Meter mächtige Hermeskeil-Sandstein mit seiner charakteristischen roten Farbe und anschließend der mehr als 1.000 Meter umfassende stark verkieselte Taunusquarzit Der Hermeskeil-Sandstein und der eher graue bis leicht rötliche Taunusquarzit (Abb. 3), der tektonisch bedingt teilweise in mehreren Härtlingszügen die Taunushöhen dominiert, sind küstennah überwiegend als Sandschlämme in einem Flachmeer sedimentiert worden.

Taunusquarzit
Abbildung 4: Taunusquarzit aufgeschlossen im ehemaligen Steinbruch von Lorch oberhalb der Weinberge ca. 1 km südöstlich vom Bächergrund. ©Benedikt Toussaint

Am Nordostende wird die Taunuskamm-Einheit immer schmäler, es fehlen die Bunten Schiefer und der Hermeskeil-Sandstein.

Bei Köppern, Ober-Rosbach vor der Höhe und Bad Nauheim stehen mitteldevonische Riffkalke an, die teilweise verkarstet sind. Sie haben ein Alter von 388-383 Millionen Jahre vor heute.

Am Flüsschen Usa, das bei Friedberg in die Wetter mündet, endet das Mittelgebirge Taunus, setzt sich aber geologisch gesehen in Nordost-Richtung unter den tertiären Ablagerungen der Wetterau fort, manchmal treten die devonischen Schichten dort auch als tektonische Schollen zutage.

Bunte Schiefer
Abbildung 6: Bunte Schiefer der Taunuskamm-Einheit aufgeschlossen in einer Weinkellerei in Assmannshausen. Dieser Aufschluss befindet sich am östlichen Ende eines ca. 70 Meter langen Stollens, der vom Weingut Krone, Niederwaldstraße 2, als Weinkeller ausgebaut wurde. ©Benedikt Toussaint

Die Hintertaunus-Einheit

Nördlich des Taunuskamms haben die ins tiefere Unterems eingestuften sogenannten Hunsrückschiefer eine weite Verbreitung, sie gehören der Hintertaunus-Einheit an. Die etwa 3.000 Meter mächtige, meist dunkelgraue und zum Teil schwarze monotone Schichtfolge von Schiefertonen, der nur untergeordnet teilweise auf längere Distanz durchhaltende Sandsteine und Quarzite eingeschaltet sind, geht auf die Sedimentation von Tonschlämmen und gröber körnigem Material in einem Flachmeer mit größerem Abstand zur Küste zurück. Nach Mittmeyer (1973) werden die Hunsrückschiefer, die großflächig im Wispergebiet verbreitet sind, stratigraphisch von unten nach oben in die Sauerthaler Schichten, Bornich-Schichten, Kaub-Schichten und Schwall-Schichten untergliedert. Noch weiter nördlich stehen nächstjüngere Tonschiefer und Quarzite an, die als Singhofen-Schichten bezeichnet werden. Sie enthalten sogenannte Porphyroide, das sind Lagen von vulkanischem Auswurfmaterial (Tephra) unbekannter Herkunft.

Gebirgsbildung und Abtragung

Die heutigen räumlichen Beziehungen (Abb. 7) verdanken die Gesteinseinheiten im Taunus hauptsächlich der variskischen Gebirgsbildung (Orogenese). Nach derzeitigem Kenntnisstand bewirkte eine südostwärts gerichtete Subduktion an Plattenrändern nordwestwärts gerichtete Schieferung, Faltung, teilweise Überkippung, Zerlegung in steil aufgestellte Schuppen und Stapelung der ursprünglich in einem Flachmeer mehr oder weniger horizontal gelagerten Schichten. Die Kollisionsnaht liegt am Südrand des Taunus, genauer der Vordertaunus-Einheit und lässt sich unter jüngeren Gesteinen bis zum Südrand des Harzes verfolgen.

Geologische Karte
Abbildung 7: Abgedeckte Geologische Karte des südlichen Taunus ohne quartäre Deckschichten, aus Anderle 2007. ©Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie.

Der Taunus wurde nicht nur während der variszischen Orogenese an zahlreichen NW-SE verlaufenden Querstörungen in vertikal zueinander versetzte Bruchschollen zerlegt, sondern auch während der isostatischen Heraushebung insbesondere im Perm, das vor 296 Millionen Jahren begann. Seit dem Perm war das Gebirge immer Festland. In einer im südlichen Vorland sich im Karbon und Perm herausbildenden Senkungszone, der sogenannten Saar-Selke-Senke, sammelte sich der Abtragungsschutt des sich heraushebenden Gebirges, der ins Rotliegende datiert wird. Rotliegendsedimente wie Tonsteine, Arkosensandsteine u. a. sind bei Hofheim am Taunus großflächig verbreitet. Im Raum Frankfurt a. M. findet man das Rotliegende am Nordende des Oberrheingrabens überdeckt von tertiären Sedimenten in 300-600 Metern unter der Geländeoberkante.

Gebäude aus Bunten Schiefern
Abbildung-8: Gebäude aus Bunten Schiefern. ©Alexander Stahr

Im Zusammenhang mit der starken Absenkung des nördlichen Oberrheingrabens etwa an der Grenze Mittel-/Oberoligozän vor ca. 28 Millionen Jahren kam es zu einer erneuten Anhebung des Gebirges im Ganzen (insbesondere im Pliozän und Quartär), aber auch zu einem treppenartigen Absinken des südlichen Taunusrandes an SW-NE verlaufenden Verwerfungen, die sich mit NW-SE tektonischen Schwächezonen vergittern.

Auf den Störungszonen sind hydrothermale Lösungen (heiße wässrige Lösungen) aufgestiegen, es kam insbesondere zur Ausbildung von Quarzgängen. In der Oberkreide vor mehr als 65 Millionen Jahren einsetzende und bis heute anhaltende tektonische Bewegungen haben die Entstehung neuer oder die Reaktivierung alter tiefreichender Störungen zur Folge auf denen wiederum hydrothermale Lösungen zirkulierten. Dabei kam es zur Bildung von Erzlagerstätten (Kirnbauer et al. 2012), die bis ins 20. Jahrhundert abgebaut wurden.

Erdneuzeit

Brandungsgerölle
Abbildung 9: Oligozäne Brandungsgerölle beim Grorother Hof in Wiesbaden-Frauenstein zeugen von der ehemaligen Anwesenheit des Meeres. ©Benedikt Toussaint

Zeugnisse der Erdgeschichte finden sich erst wieder im Tertiär (heute in Paläogen und Neogen geteilt), das vor 65 Millionen Jahren begann und vor 2,6 Millionen Jahren endete. Abgesehen von einzelnen Basaltvorkommen, denen eine Entstehung im Alttertiär zugesprochen wird, werden im Taunus vereinzelt Sande und Gerölle aus dem Unteroligozän gefunden, die auf eine relativ kurzzeitige Meeresverbindung zwischen der Paläo-Nordsee und dem damaligen Mittelmeer hindeuten sollen (Ehrenberg et al. 1968). Auch die insbesondere auf den Höhen weit verbreiteten Verwitterungslehme („Faulfels“) sind zumindest überwiegend im Tertiär entstanden, dessen subtropisches bis tropisches Klima die chemische Verwitterung der unterdevonischen Schiefertone begünstigte.

Während der Kaltzeiten des Quartärs, dem Pleistozän (2,6 Millionen Jahre bis 11.700 Jahre vor heute), lag der Taunus im gletschereisfreien Bereich (Periglazial) zwischen dem nördlichen Inlandeis und den Alpengletschern im Süden. Die intensive physikalische, insbesondere auf Frostsprengung beruhende Verwitterung schuf große Mengen von Schutt. Besonderer Erwähnung bedürfen die „Rosseln“ genannten Blockschutthalden unterhalb von aus Taunusquarzit bestehenden Felsnasen. Fließerden sind ebenfalls Produkte dieser Zeit. Während des kurzen Sommers tauten nur die obersten Dezimeter des Dauerfrostbodens auf. Schon bei relativ schwacher Hangneigung bewegte sich die Auftauzone breiartig langsam hangabwärts. Man spricht von Bodenfließen (Solifluktion). Aus vegetationsarmen Schotterfluren der großen Flüsse und Ströme wurde Gesteinsstaub ausgeweht und teilweise zu mehreren Meter mächtigem Löss an den Hängen von Main- und Rheintal sowie in Taunustälern abgelagert. Durch die Verwitterung stärker entkalkt liegt der Löss heute als Lösslehm vor.

Solifluktionsschuttdecke
Abbildung 10: Eiszeitliche Solifluktionsschuttdecke im Aartal bei Bad Schwalbach. ©Alexander Stahr

Pleistozänes Alter weisen auch die in unterschiedlichen Höhen vorzufindenden Verebnungen insbesondere am Süd- und Westrand des Taunus auf. Diese alten Talböden, die von fluviatilen Sedimenten in Form von Terrassenkörpern bedeckt sein können, resultieren überwiegend aus einer tektonisch bedingten Heraushebung des Taunus seit dem Pliozän um etwa 300 Meter (Loges et al. 2012). Allein in den letzten 800.000 Jahren wurde der Taunus an seinem Westrand um knapp 150 Meter herausgehoben, der Mittelrhein schnitt sich entsprechend tief in den Gebirgskörper ein. Nach Osten hin verringert sich die Heraushebung, im Raum Wiesbaden werden immer noch 86 Meter angenommen.

Das Holozän ist die vor 11.700 Jahren begonnene jüngste Stufe des Quartärs. Holozänen Alters sind Auenlehme, Moore oder auch Halden des ehemaligen Bergbaus. Auch aus Hangrutschungen und Steinschlag resultieren ganz junge Lockermaterialansammlungen.

Die hydrogeologischen Verhältnisse des Taunus

Die dem Erdaltertum angehörenden Gesteine des Taunus (frühes Ordovizium-Unterdevon) sind wegen ihrer überwiegend plastischen Deformation zum größten Teil nur wenig wasserleitend, zum Teil sogar mehr oder weniger wasserstauend. Da die Klüfte weitgehend auf die Verwitterungszone, die in der Regel die obersten 20 bis 40 Meter unter der Erdoberfläche einnimmt, beschränkt sind, keine große laterale Reichweite haben, schlecht vernetzt sind und nur ein geringes wasserwegsames Hohlraumvolumen aufweisen, gilt der Taunus insgesamt als grundwasserarm. Das nicht der Verdunstung anheimfallende Niederschlagswasser fließt, auch begünstigt durch das Relief, weitgehend auf der Geländeoberfläche ab und speist so die zahlreichen oberirdischen Gewässer. In deren Talverläufen spiegeln sich die Richtungen der Störungen wider, weil die Erosion im Bereich dieser tektonischen Zerrüttungszonen das anstehende Gestein leichter angreifen kann als anderswo.

Aartal
Abbildung 11: Der Bach Aar im Taunussteiner Aartal wurde nach starken Niederschlägen zum See.“ ©Alexander Stahr

Starkregenereignisse, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel jetzt häufiger auftreten als in der Vergangenheit, führen in kürzester Zeit zu einem raschen Anstieg der Pegelstände, es kann zu Überschwemmungen kommen. Nur in niederschlagsarmen Zeiten, insbesondere in Trockenperioden, stammt das in Bächen und Flüssen abfließende Wasser aus den mit ihnen hydraulisch verbundenen Grundwasserleitern. Da diese in der Regel nur gering dimensioniert sind, sind die Wasserstände auffallend niedrig, es kann in Verbindung mit hohen Temperaturen zu ökologischen Problemen kommen (z. B. Fischsterben bei Sauerstoffknappheit). Insgesamt schwanken die Pegelstände über das Jahr beachtlich, zum Teil von Tag zu Tag.

Aartal
Abbildung 12: Der Bach Aar im Taunussteiner Aartal bei Wehen. „Nur in niederschlagsarmen Zeiten, insbesondere in Trockenperioden, stammt das in Bächen und Flüssen abfließende Wasser aus den mit ihnen hydraulisch verbundenen Grundwasserleitern.“ ©Alexander Stahr

Nur in Bereichen mit anstehendem Hermeskeil-Sandstein und noch stärker bei ausstreichendem Taunusquarzit oder auch im Falle von Blockschuttdecken kann der hydrologisch wirksame Anteil des Niederschlagswassers in den zahlreichen offenen Klüften bzw. Grobporen in den tieferen Untergrund absickern, es kommt zu einer nennenswerten Grundwasserneubildung. Deren Größenordnung dürfte im Mittel etwa 2 l/s·km2 betragen, in Gebieten mit vorherrschenden Schiefertonen (Hintertaunus-Einheit) oder metamorphen Gesteinen (Vordertaunus-Einheit) weniger als 1 l/s·km2. In Bereichen mit mächtigeren Sandsteinen und vor allem Quarziten (Taunuskamm-Einheit) oder im Falle junger Dehnungsbrüche oder auch bei Vorhandensein zusammenhängender und mächtigerer pleistozäner Schuttüberdeckung des Grundgebirges sind dagegen höhere Werte bis etwa 3,5 l/s·km2 zu erwarten (Ehrenberg et al. 1968).

Im Taunus sind Quellen als natürliche Grundwasseraustritte zwar zahlreich, die Ergiebigkeit ist jedoch meistens nur gering und starken Schwankungen unterworfen. Dennoch reicht die Schüttung häufig aus, um kleine Siedlungen mit Wasser zu versorgen. Die meistens nur flach gefassten und daher verschmutzungsanfälligen Quellen/Schürfungen liefern in der Regel weniger als 0,5 l/s. Ergiebiger können Bohrbrunnen sein, insbesondere Tiefbrunnen, deren Leistung im Allgemeinen jedoch unter 3 l/s bleibt und häufig aus unterschiedlichen Gründen im Laufe der Zeit zurückgeht. Im Übrigen zeigt die Erfahrung, dass nur eine von zehn Explorationsbohrungen auf nutzbares Grundwasser im Taunus ein befriedigendes Ergebnis liefert. Nur wenn die Bohrungen große und weit reichende Störungen mit begleitenden Kluftzonen antreffen, kann Grundwasser in größerer Menge gewonnen werden.

Portal des Schläferskopfstollens
Abbildung 13: Portal des Schläferskopfstollens oberhalb der Wiesbadener Fasanerie (aus Stengel-Rutkowski 2012).

Anders ist die hydrogeologische Situation im Falle des Hermeskeil-Sandsteins und insbesondere des Taunusquarzits zu bewerten, die aufgrund ihrer Materialeigenschaften auf tektonischen Stress mit Zerbrechen reagiert haben und wegen der in diesem Zusammenhang entstandenen zahlreichen offenen Klüfte gut wasserwegsam sind. Die Gesteine, die eine hydraulische Einheit bilden, sind daher ausgezeichnete Grundwasserleiter, aber nur dort auch gute Grundwasserspeicher, wenn sie in Bunte Schiefer der Taunuskamm-Einheit und/oder der Hunsrückschiefer der Hintertaunus-Einheit eingeschuppt sind, d. h. von den Schiefern umschlossen werden. Günstig wirkt sich auch die Anlagerung wenig oder nichtleitender quartärer Lockergesteine wie z. B. Fließerden aus. Hermeskeil-Sandstein und Taunusquarzit haben aber nur wasserwirtschaftliche Bedeutung, wenn sie einigermaßen mächtig sind und eine größere laterale Erstreckung haben. Diese günstigen hydrogeologischen Verhältnisse sind im Taunus vielerorts gegeben. Sie wurden vom damaligen Landesgeologen Dr. Carl Koch aus dem Vorhandensein von sogenannten Überlaufquellen an der Grenze Taunusquarzit – Hermeskeil-Sandstein/Bunte Schiefer abgeleitet und für die Trinkwasserversorgung von Wiesbaden genutzt. Die Stadt hatte um 1900 bereits rund 100.000 Einwohner und etwa 80.000 Kurgäste. Es herrschte damals Notstand an Trinkwasser, die wenigen Süßwasserquellen im Stadtgebiet und die am Südhang des Taunus schon ab 1864 eingerichteten Sickergalerien und die wenig später oberhalb davon gegrabenen Flachstollen reichten für die Deckung des rasant ansteigenden Trinkwasserbedarfs kaum noch aus. In einem 1875 im Auftrag der Stadt Wiesbaden erstellten Gutachten schlug Carl Koch vier sogenannte Tiefstollen vor, die möglichst tief in Tälern angesetzt werden sollten. Diese wurden in den Jahren 1875 bis 1910 realisiert. Weil der geniale Wissenschaftler Koch im Jahr 1882 mit erst 55 Jahren starb, erlebte er den Erfolg seiner Pionierleistung nicht mehr: Münzbergstollen 1875-1888, Schläferskopfstollen 1896-1900, Stollenverlängerung 1908-1910, Kellerskopfstollen 1899-1906, Kreuzbergstollen 1901-1907.

Taunuskamm
Abbildung 14: Der stark geklüftete, wasserdurchlässige Quarzit und die Sandsteine des Taunuskamms sind von wasserundurchlässigen Schiefern umgeben. Hier am Beispiel des Münzbergstollens dargestellt. Daher sammelt sich vor allem im Quarzit das Grundwasser an, das durch Stollen erschlossen ist (aus GeoTouren in Hessen 2017).

Mit 2.792 Metern Länge ist der Schläferskopfstollen, dessen Portal oberhalb der Wiesbadener Fasanerie liegt, der längste und mit einem Wasserdargebot von 1,7 Millionen m3 Gesamtschüttung im Jahr 2014 auch der leistungsfähigste. Mit gut 3,8 Millionen m3 Gesamtschüttung im Jahr 2014 decken die vier Stollen heute rund ein Drittel des Wiesbadener Bedarfs. Das Wasser ist weich und von hervorragender Qualität, die Wasseraufbereitung beschränkt sich lediglich auf die Entfernung des überschüssigen CO2. Da sich tektonisch bedingt steilstehende Schuppen aus Bunten Schiefern und Hermeskeil-Sandstein – Taunusquarzit im Längsprofil des Schläferkopfstollens und der anderen Stollen abwechseln, wurden in den Abschnitten mit den wasserstauenden Tonschiefern ein oder zwei Stautüren eingebaut, so dass es möglich ist, einen Abschnitt nach dem anderen zu entleeren und somit die Stollen zu bewirtschaften. Nicht nur in Wiesbaden gibt es diese Stollen, sondern in kleineren Dimensionen auch andernorts im Taunus. Zu nennen sind beispielsweise Stollen bei Idstein, Königstein, Kronberg, Oberursel, Bad Homburg oder in Friedrichsdorf. Sie sind daher weniger bekannt als die Wiesbadener „Wasserbergwerke“. Wasserbergwerke deshalb, weil die Stollen bergmännisch aufgefahren wurden.

Sauerwässer und Thermalwässer

Im westlichen Taunus, insbesondere im Einzugsgebiet der Wisper, treten gehäuft eisenhaltige Sauerwässer, d. h. CO2-reiches Mineralwasser, auf. Ob die hohen CO2-Gehalte (> 1000 mg freie Kohlensäure pro Liter Wasser) vom Vulkanismus der Osteifel abzuleiten sind oder möglicherweise in Verbindung gebracht werden können mit einer Ausgasung des oberen Erdmantels (Stengel-Rutkowski 1987), muss offen gelassen werden.

Kochbrunnen-Pavillon
Abbildung 15: Das Foto zeigt die im Jahr 1970 installierte muschelförmige Granitfassung des sogenannten Kochbrunnen-Springers (im Vordergrund) und den im Zeitraum 1888-1890 errichteten Kochbrunnen-Pavillon oder -tempel, der 1977 restauriert wurde. Der Pavillon stand ursprünglich auf der Fassung der offenen und daher kontaminationsanfälligen Tümpelquelle, die 1966 durch eine 43 m tiefe Bohrung ersetzt wurde. ©Benedikt Toussaint

Wesentlich mehr wissenschaftliches und auch praktisches Interesse gebührt den Thermalwasseraufstiegen am Südrand des Taunus. Wie an einer Perlenschnur mit Lücken reihen sich zwischen Rüdesheim im Südwesten und Bad Nauheim im Nordosten früher und auch heute noch balneologisch (zur Bädertherapie) genutzte Thermalquellen mit zum Teil hohen NaCl-Konzentrationen aneinander. Wegen der hohen Temperaturen von fast 70 °C und ihrer vergleichsweise hohen Ergiebigkeit sind die Wiesbadener Thermalquellen am bekanntesten. Hier wiederum war der Kochbrunnen das Herzstück der im 19. Jahrhundert mondänen Kurstadt und spielt auch heute noch in der Stadtentwicklung eine gewichtige Rolle (Abb. 15). Mit einer Schüttung von 0,5 Millionen m3 Liter pro Tag ist er die ergiebigste aller 27 Quellen, von denen nur der ebenfalls stark mineralisierte Faulbrunnen mit Wassertemperaturen zwischen 14 und 17 °C keine Therme ist. Pro Tag liefert er 3,6 Tonnen Kochsalz in flüssiger Form. Bei einer Gesamtschüttung von ca. 2,3 Millionen Liter/Tag werden von allen 27 Quellen täglich fast 15 Tonnen Kochsalz ausgetragen, die Jahresfracht liegt bei 5.500 Tonnen.

Was die Entstehung der Thermalquellen am Südrand des Taunus generell betrifft und warum z. B. in Bad Homburg vor der Höhe oder Bad Nauheim die Salz-Konzentrationen der Thermalwässer ungleich höher sind als in Wiesbaden, deren Ergiebigkeit und Temperaturen aber wesentlich geringer sind, dazu bleiben nach wie vor viele Fragen offen, obwohl seit ca. 150 Jahren eine umfangreiche Fachliteratur vorliegt. Gestützt auf die Auswertung zahlreicher Literaturquellen, die sich räumlich nicht wie bisher weitgehend nur auf den Nahbereich des Taunus beschränken, hat Toussaint (2013) kürzlich den Versuch unternommen, Antworten zu finden.

Die Ursachen für die doch auffälligen lokalen Besonderheiten könnten die sich unterscheidenden tektonischen und die sich daraus abzuleitenden hydrogeologischen Verhältnisse am westlichen und östlichen Rand des Oberrheingrabens an seinem Nordrand sowie in der Vordertaunus-Einheit sein. Eine Rolle dürften auch die unterschiedliche Beschaffenheit und Mächtigkeit der tertiären Sedimente an den Rändern und in seinem zentralen Bereich sein. Schon lange herrscht Konsens darüber, dass die hohen Temperaturen der salinaren Heißwasseraufstiege am Südrand des Taunus mit den im Vergleich zu seiner Umgebung erhöhten geothermischen Gradienten im Riftsystem des Oberrheingrabens zusammenhängen. Im Hessischen Ried liegen die geothermischen Gradienten zwischen 4,8 und 5,5 °C/100 m, weiter im Süden zum Teil noch höher wie z. B. im Raum Landau (in Landau ging das erste deutsche Geothermiekraftwerk 2012 in den Probebetrieb) sogar 10 °C/100 m. Ebenso besteht Übereinstimmung, dass die Thermalquellen ihren Salzgehalt Solen verdanken, die ihren Ausgang von gelösten Evaporiten nehmen. Entgegen früher gelegentlich vertretener Auffassung handelt es sich um Salzlagerstätten im Tertiär des Oberrheingrabens, die nächsten befinden sich im Hessischen Ried und bei Worms.

Da mittlerweile weltweit bei Tiefbohrungen die Erfahrung gemacht wurde, dass thermale Salzwässer in der kristallinen kontinentalen Kruste als sogenannte Brines (hohe Salzkonzentrationen im Wasser) generiert werden, die sich u. a. durch bemerkenswerte Gehalte an Seltenen Erden und Strontium auszeichnen, wurden diese Erkenntnisse zumindest anteilig auf die Genese der Thermalquellen am Taunussüdrand übertragen. Mittels unterschiedlicher Geothermometer wird die originale Lagerstättentemperatur der aufsteigenden Tiefenwässer auf im Mittel 110 °C geschätzt (Kirnbauer 2007, Loges et al. 2012). Bei ihrem Aufstieg aus drei bis fünf Kilometern Tiefe bis an die Erdoberfläche vermischen sich diese Brines mit Wässern anderer Herkunft und kühlen sich bis auf rund 70 °C ab. Es handelt sich also in Bezug auf ihren geochemischen Charakter um Mischwässer, deren nicht genau zu ermittelnde Anteile zudem noch unterschiedlich alt sind.

Das Alter der Thermalquellen ist unbekannt. Aus der mit der Heraushebung des Taunus seit dem Mittelpleistozän in Verbindung gebrachten Vertikalverteilung fossiler Quellsinter wird indirekt ein Mindestalter des hydrothermalen Systems zwischen 450.000 Jahren (Raum Wiesbaden) und rund 800.000 Jahren (Raum Bad Nauheim) abgeleitet (Kirnbauer 2007, Loges et al. 2012). Wie lange die Tiefenwässer im Untergrund verweilen, lässt sich aus den geochemischen Daten und den darauf beruhenden Modellrechnungen nicht ermitteln. Andererseits deuten die Werte von Kationen-Geothermometern auf einen aus geologischer Sicht unüblich schnellen Aufstieg der Wässer innerhalb von einem bis wenigen Jahren hin (Kirnbauer 2007, Loges et al. 2012).

Unklar bleibt weiterhin, welche Mechanismen und Kräfte für den Aufstieg salzhaltiger Thermalwässer aus großer Tiefe verantwortlich sind. Eine von vielen Ursachen ist sicherlich die Barrierewirkung wenig wasserwegsamer Gesteine am Nordrand des Oberrheingrabens. Diese geht nicht wie man eigentlich erwarten könnte in erster Linie von den Meta-Sedimenten und -vulkaniten der Vordertaunus-Einheit aus, denn diese fungieren wegen ihrer extremen tektonischen Zerrüttung an der Grenze von zwei im Unterkarbon kollidierten Erdplatten zumindest teilweise eher als Kluftgrundwasserleiter. Die hochmineralisierten heißen Tiefenwässer treten bevorzugt dort an der Erdoberfläche auf, wo NW-SE streichende Störungen mit ausgeprägten Kluftzonen die SW-NE verlaufende Taunussüdrand-Verwerfung kreuzen. Daher kommt eher den weiter nordwestlich vorkommenden Gesteinen geohydraulisch eine (Rück-)Stauwirkung zu.

Literatur

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Ehrenberg, K.-H., Kupfahl, H.-G. & Kümmerle, E.: Erläuterungen zur Geologischen Karte von Hessen 1:25000 Blatt 5913 Presberg, 2. Aufl.- 201 S.; Wiesbaden 1968.
Kirnbauer, T.: Rezente und fossile Thermalwasseraustritte am Taunusrand.- Mitt. oberrhein. geol. Ver., N.F., 89: 167-192; Stuttgart 2007.
Kirnbauer, T., Wagner, T., Taubald, H. & Bode, M.: Post-Variscan hydrothermal vein mineralization, Taunus, Rhenish Massif (Germany): Constraints from stable and radiogenic isotope data.- Ore Geology Review, 48: 239-257; Amsterdam 2012.
Klügel, T.: Geometrie und Kinematik einer variszischen Plattengrenze: Der Südrand des Rhenoherzynikums im Taunus.- Geol. Abh. Hessen, 101: 215 S.; Wiesbaden 1997.
Loges, A., Wagner, T., Göb, S., Bau, M., Berner, Z. & Markl, G.: Source and origin of active and fossil thermal spring systems, northern Upper Rheine Graben, Germany.- Applied Geochemistry, 27: 1153-1169; Oxford 2012.
Merlot, C.: 2.000 Steine am Wegesrand – Die Sammlung des Landesgeologen Carl Koch im Museum Wiesbaden.- Jb. nass. Ver. Naturkde., 129: 37-72; Wiesbaden.
Meyer, W. & Stets, J.: Das Rheintal zwischen Bingen und Bonn.- Sammlung geol. Führer, 89: 386 S.; Berlin, Stuttgart 1996 (Borntraeger).
Mittmeyer, H.-G.: Die Hunsrückschiefer – Fauna des Wisper-Gebietes im Taunus.- Notizbl. Hess. L.-Amt Bodenforsch., 101: 16-45; Wiesbaden 1973.
Reitz, E., Anderle, H.-J. & Winkelmann, M.: Ein erster Nachweis von Ordovizium (Arenig) am Südrand des Rheinischen Schiefergebirges im Vordertaunus: Der Bierstadt-Phyllit.- Geol. Jb. Hessen, 123: 25-38; Wiesbaden 1995.
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Stengel-Rutkowski, W.: Von Bächen, Quellen, Thermen und Stollen.- Jb. nass. Ver. Naturkde., Sb. 2: 63-75; Wiesbaden 2012.
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Weblinks

Mineralien aus dem Taunus