Hahnstätten, Rhein-Lahn-Kreis

Kalksteinbruch
Kalksteinbruch der Firma Schaefer Kalk bei Hahnstätten im Rhein-Lahn-Kreis in Rheinland-Pfalz. ©Alexander Stahr

Der Tiefste Punkt von Rheinland-Pfalz liegt im Taunus. Das klingt erst einmal sonderbar, ist der Taunus doch ein Mittelgebirge. Dazu noch das schönste der Welt, wie der große Naturforscher Friedrich Heinrich Alexander Freiherr von Humboldt (1769-1859) einst geäußert haben soll. Nun, beim tiefsten Punkt von Rheinland-Pfalz handelt es sich um die derzeit (Stand August 2017) rund 12 Meter über dem Meeresspiegel befindliche Sohle des Kalksteinbruchs (Laybruch) bei Hahnstätten der traditionsreichen Firma Schaefer Kalk GmbH & Co. KG. Genau ermittelt hat diese Tiefe das Landesamt für Geologie und Bergbau in Mainz. Der Laybruch umfasst eine Fläche von 30,4 Hektar, was ungefähr 32 Fußballfeldern entspricht, bei einer Tiefe von etwa 140 Metern. Ein nicht zu übersehendes imposantes Element in der Kulturlandschaft des Aartals im westlichen Taunus.

Und es soll noch tiefer hinabgehen, über 50 Meter. Damit läge ein Teil von Rheinland-Pfalz am Ende rund 30 Meter unter dem Meeresspiegel, der tiefste Punkt im Taunus und der tiefste Punkt Deutschlands. Abgebaut werden bei Hahnstätten mitteldevonische Massenkalke (Riffkalke), die sich auch bei Köppern, Rosbach vor der Höhe und Bad Nauheim finden. Sie haben ein Alter von rund 380 Millionen Jahren. Damals lag das Gebiet des heutigen Taunus noch nahe am Äquator. Zahlreiche Atolle unter Tropenhimmel machten das Gebiet zu dieser Zeit zur devonischen Südsee. Die Hauptriffbildner waren schwammähnliche  Organismen, die Stromatoporen. Zudem zählten Korallen, Muscheln, Brachiopoden und Schnecken zur Lebensgemeinschaft der Riffe im devonischen Meer. Heute finden sich im Kalksteinbruch immer wieder fossile Überreste dieser Tiere. So beispielsweise Muscheln und Schnecken. Daher ist der Steinbruch auch für die Wissenschaft von Interesse.

Devon
Der Name dieses Erdzeitalters (geologisch-stratigraphisch und fachterminologisch genaugenommen System genannt) leitet sich von der britischen Grafschaft Devon ab, wo vergleichbar alte Gesteine wie im Taunus vorkommen. Gedinne- und Siegen-Stufe sind zeitliche Untereinheiten (terminologisch genau: stratigraphische Stufen) des Devons. Der Begriff „Devon“ wurde im Jahr 1839 von den englischen Geologen Roderick Murchison (1792-1871) und Adam Sedgwick (1785-1873) in die wissenschaftliche Literatur eingeführt. Das Devon begann vor rund 419,2 Millionen Jahren und endete vor etwa 358,9 Millionen Jahren. Zu jener Zeit öffnete und schloss sich infolge von Plattenbewegungen der erkalteten Erdoberfläche aus Erdkruste und oberstem Erdmantel (= Lithosphäre von griechisch líthos = Stein und sphära = Kugel) ein schmaler Ozean, in dessen Tiefen und an dessen Stränden Tone und Sande abgelagert wurden, die sich durch zunehmende Mächtigkeit zu Ton- und Sandstein verfestigten. Während der Gebirgsbildung führten Druck und höhere Temperaturen zu einer Veränderung dieser Gesteine. Sie wurden schwach metamorph. Aus Sandstein entstand beispielsweise der Quarzit des Taunuskamms. Der damalige Ozean wird als Rhenohercynischer Ozean (von den lateinischen Bezeichnungen für Rhein und Harz) bezeichnet und nahm große Bereiche West- und Mitteleuropas ein.

Lage des Kalksteinbruchs. ©Gemeinfrei, openstreetmap.de

Seit 157 Jahren ist das Kalkwerk an der Bundesstraße 54 in Betrieb und wird in der 5. Generation familiengeführt. Im Bereich produzierendes Gewerbe ist Schaefer Kalk der größte Arbeitgeber in der Region. Etwa 750 Mitarbeiter arbeiten an 11 Standorten der Firma in Europa und Asien.

Die Massenkalke bei Hahnstätten zählen zu den reinsten Kalksteinvorkommen in Europa. Der Anteil an Calciumcarbonat (CaCO3) beträgt stellenweise bis zu 99 Prozent. Der Kalkstein wird gebrochen und in definierter Qualität und Körnung für die Weiterverarbeitung bereitgestellt. Im Kalkwerk Hahnstätten sind 14 Öfen in Betrieb, in denen jährlich eine Million Tonnen Brandkalk (Calciumoxid CaO) u. a. für die Bauindustrie hergestellt wird. Umgekehrt wird aus Brandkalk auch künstliches Calciumcarbonat hergestellt (precipitated calcium carbonate PCC). Zudem werden die Massenkalke zu Füllstoffen, Pigmenten, Werkmörtel und Kalkmilch verarbeitet.

Das Werk hat eine moderne Forschungs- und Entwicklungsabteilung, die eng mit Universitäten und weltweit aktiven Forschungsinstituten zusammenarbeitet, um Produkte stets zu verbessern. Darüber hinaus werden weitere Anwendungsbereiche für den Kalk erforscht. Etwa für Produkte der Elektronikindustrie oder der Pharma- und Lebensmittelindustrie. So besteht z. B. der Füllstoff der Aspirintablette aus Hahnstätter Kalk. Somit schluckt man bei Kopfschmerz ein Stück Taunus.

Aufgrund der außerordentlich guten Qualität des Hahnstätter Kalksteins soll das Vorkommen so weit wie möglich abgebaut werden, was vermutlich noch 30 Jahre dauern wird. Im Jahr 2000 wurde das Werksgelände um einen weiteren Steinbruch, dem Merschelbruch, erweitert.

An der nördlichen Grenze des Taunus, an der Lahn, wurde früher ebenfalls Kalk abgebaut, der sogenannte „Lahnmarmor“ bei Vilmar. Er wurde beispielsweise im Berliner und Würzburger Dom, in der Eremitage in St.Petersburg, im Kreml und in der Eingangshalle des Empire-State-Building in New York verbaut. Die Bezeichnung „Lahnmarmor“ ist eigentlich nicht korrekt. Denn bei dem Gestein handelt es sich nicht um Marmor, sondern auch um Kalkstein. Marmor entsteht, wenn Kalkstein extrem hohen Drücken und Temperaturen bei der Gebirgsbildung ausgesetzt wird. Dies war beim Riff in Villmar nicht der Fall. Der Begriff „Lahnmarmor“ ist sozusagen ein Handelsbegriff. Lahnmarmor ist ein gut polierbarer Massenkalkstein. Aufgebaut haben das Riff Stromatoporen. Das sind schon lange ausgestorbene Meeresorganismen, die man heute den Schwämmen zuordnet.

Kontakt:
SCHAEFER KALK GmbH & Co. KG, Louise-Seher-Str. 6, 65582 Diez, Tel.: +49 (0)6432-503-0, Telefax: +49 (0)6432-503-269, E-Mail: info@schaeferkalk.de, Internet: www.schaeferkalk.de. Führungen durch das Werk und den Steinbruch sind auf Anfrage für Gruppen möglich. Aber auch von außen bietet der Steinbruch einen imposanten Anblick.

Geodaten: 50.31886, 8.065639