Von Alexander Stahr, Taunusstein

Der Taunus hat einige weithin bekannte und verdiente Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur und Politik hervorgebracht. Einige leben heute im Taunus. Anderen bekannten Persönlichkeiten schlug im Taunus ihr letztes Stündlein. Und wiederum Andere haben das „Schönste Mittelgebirge der Welt“ – so einst angeblich vom deutschen Naturforscher Alexander von Humboldt geäußert – aus welchen Gründen auch immer besucht. Der Taunus: Ein Gebirge, das mit prominenten Namen verbunden ist. Und all diese Namen werden hier sukzessiv hinzugefügt.

Prof. Dr. Emil Erlenmeyer (1825-1909)
Im Taunus geboren

Erlenmeyer
Prof. Dr. Emil Erlenmeyer. ©Gemeinfrei

Welcher Schüler kennt ihn nicht aus dem Chemieunterricht? Den Erlenmeyerkolben. Doch von Anfang an. Der deutsche Chemiker wurde am 28. Juni 1825 als Richard August Carl Emil Erlenmeyer im Taunusort Wehen geboren. Heute ist Wehen Ortsteil der Stadt Taunusstein, unter Fußballfans bestens unter SV Wehen Wiesbaden bekannt und hat natürlich eine nach dem berühmten Sohn benannte Straße.

Erlenmeyer begann ein Medizinstudium in Gießen und besuchte ab 1845 Chemievorlesungen von Prof. Justus von Liebig (1803-1873) und Prof. Dr. Leopold Gmelin in Heidelberg. Nach seinem pharmazeutischen Staatsexamen in Nassau an der Lahn arbeitete er fünf Jahre in seiner Apotheke in Katzenelnbogen. Im Jahr 1850 kehrt er nach Gießen zurück. Dort promovierte er bei Justus Liebig „Über basisches Cyanblei“. Er kaufte im Anschluss daran eine Apotheke in Wiesbaden und unterrichtete Chemie an der Wiesbadener Handels- und Gewerbeschule.

Im Jahr 1855 habilitierte er sich in Heidelberg bei Robert Bunsen (1811-1899). Dort wurde Erlenmeyer Privatdozent und betrieb zugleich ein Beratungslabor für die Düngemittelindustrie. 1863 wurde er in Heidelberg außerordentlicher Professor. Danach folgte er dem Ruf auf die Professur für Chemie an die Polytechnische Schule München und arbeitete dort auch als Berater für verschiedene chemische Unternehmen. Von 1877 bis 1880 war Erlenmeyer Direktor der Königlich Bayerischen Technischen Hochschule München. Aus gesundheitlichen Gründen wurde Erlenmeyer im Jahr 1883 emeritiert. Im Anschluss zog er nach Frankfurt am Main als Privatgelehrter und 1893 zu seiner Tochter nach Aschaffenburg. Dort starb er am 22. Januar 1909. Nach Erlenmeyer sind benannt: Der Erlenmeyerkolben, die Erlenmeyer-Regel, der Emil-Erlenmeyer-Hörsaal an der Technischen Universität (TU) München, die Emil-Erlenmeyer-Medaille und der Preis der TU München sowie das Emil-Erlenmeyer-Forum in Freising.

Prof. Dr. Paul Ehrlich (1854-1915)
Im Taunus gelebt und gestorben

Paul Ehrlich
Prof. Dr. Paul Ehrlich. ©Gemeinfrei

Paul Ehrlich wurde im Jahr 1854 in Strehlen (Schlesien) geboren. Er war ein deutscher Arzt und Forscher. Er entwickelte als Erster eine Behandlung der Syphilis mit Medikamenten und begründete somit die Chemotherapie. Zudem war er maßgeblich an der Entwicklung eines Heilserums gegen Diphtherie beteiligt. Durch Färbemethoden unterschied er verschiedene Arten von Blutzellen. Dadurch wurde die Diagnose zahlreicher Blutkrankheiten ermöglicht.

Im Jahr 1908 erhielt er zusammen mit dem russischen Zoologen, Bakteriologen und Immunologen Ilja Metschnikow (1845-1916) für seine Beiträge zur Immunologie den Nobelpreis für „Physiologie oder Medizin“. 1883 heiratete Ehrlich Hedwig Pinkus (1864-1948) und hatte mit ihr zwei Töchter. Paul Ehrlich lebte und starb am 20. August 1915 nach einem Herzinfarkt in Bad Homburg. Nach ihm sind im Taunus und seinem Vorland u.a. die Paul-Ehrlich-Straße in Kelkheim, der Paul-Ehrlich-Weg und die Paul-Ehrlich-Klinik in Bad Homburg vor der Höhe benannt.

Karl von Ibell (1780-1834)
Im Taunus geboren

Karl von Ibell
Karl von Ibell. ©Gemeinfrei

Carl Friedrich Justus Emil von Ibell, auch kurz Karl von Ibell genannt, wurde am 29. Oktober 1780 im Schloss in Wehen (heute Ortsteil der Stadt Taunusstein) geboren. Ibell war Amtmann, Regierungspräsident des Herzogtums Nassau und danach Regierungspräsident der Landgrafschaft Hessen-Homburg.

Nach seinem juristischen Staatsexamen im Jahr 1801 war er Privatsekretär des Regierungspräsidenten von Nassau-Usingen Karl Julius Hermann Friedrich Freiherr von Kruse (1737-1806). Ibell begleitete von Kruse 1802 zum Treffen der Reichsdeputation nach Regensburg. Es ging um die Neuverteilung der Territorien der deutschen Staaten nach der Annexion der linksrheinischen Gebiete durch Napoleon Bonaparte (1769-1821).

Im 1806 neu gebildeten Herzogtum Nassau war Ibell ab 1815 Regierungspräsident. Er führte zahlreiche Reformen durch: Die Aufhebung der Leibeigenschaft, die Beseitigung von Privilegien des Adels bei der Steuererhebung sind Beispiele dafür. Auch war er maßgeblich an der Entwicklung der Nassauer Verfassung beteiligt. Ebenso an der Vereinigung der lutherischen und reformierten Kirchen in Nassau.

1819 misslang ein Attentat auf Ibell durch den Idsteiner Apotheker Karl Löning, der in Verbindung mit einer radikalen Burschenschaf stand. Der Reformer Ibell kam in Konflikt mit reaktionären Kreisen und wurde im Jahr 1820 vom nassauischen Herzog seines Amtes enthoben. Ibell trat 1820 in den Dienst des Landgrafen Friedrich VI. und dessen Nachfolger Ludwig von Hessen-Homburg. 1830 wurde ihm der Familienadel für seinen Einsatz für den Deutschen Zollverein verliehen. 1834 zog sich Ibell auf seinen Landsitz in Unterliederbach zurück (heute Stadtteil von Frankfurt a.M.) und starb im gleichen Jahr. Seinen Namen tragen heute die Karl-von-Ibell-Schule in Frankfurt-Unterliederbach, die Karl-von-Ibell-Grundschule in Diez sowie die Ibellstraßen in Frankfurt-Unterliederbach und in Taunusstein-Wehen.

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Stationen seines Lebens im Taunus

Goethe
Johann Wolfgang von Goethe. ©Gemeinfrei

Mit dem Namen des „Dichterfürsten“, Schriftstellers, Künstlers, Naturforschers und Staatsmanns verbindet man in erster Linie die Städte Frankfurt a. M. und Weimar. Weniger bekannt ist, dass auch der Große Feldberg im Taunus und Bad Homburg vor der Höhe Orte seiner Besuche und Stationen seines Lebens waren. In seiner zwischen den Jahren 1808 und 1831 entstandenen Autobiographie „Dichtung und Wahrheit“ schreibt Goethe: „Durch zufällige Anregung, sowie in zufälliger Gesellschaft stellte ich manche Wanderung nach dem Gebirge an, das von Kindheit an so fern und ernsthaft vor mir gestanden hatte. So besuchten wir Homburg, Kroneburg, bestiegen den Feldberg, von dem uns die weite Aussicht immer mehr in die Ferne lockte.“ Ein Gedicht hat er einer Affäre in der Residenzstadt Homburg gewidmet. In „Pilgers Morgenlied“ hat er im Jahr 1772 der Homburger Hofdame Louise von Ziegler (1747-1814) ein literarisches Denkmal gesetzt. Und er erwähnte darin auch das Wahrzeichen Bad Homburgs und letztes Relikt der Burg Hohenberg, den Weißen Turm.

Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn (1837-1898)
Besuche im Taunus

Kaiserin Elisabeth
Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn. ©Gemeinfrei

Die Kaiserin, als Sissi bekannt, weilte mehrmals im Taunus. Zuletzt im Jahr 1898 in Bad Homburg und Umgebung. Wenige Wochen später, im September, fand sie in Genf den Tod durch einen Attentäter. In den Jahren 1871, 1889 und 1897 hielt sich die Kaiserin in Langenschwalbach, heute Bad Schwalbach im Rheingau-Taunus-Kreis, auf. Im Jahr 1897 war die 59-Jährige Sissi mit falschem Namen incognito als Gräfin Hohenembs im Hotel Alleesaal in Langenschwalbach abgestiegen. Angereist war sie mit kleinem Gefolge im Salonwagen auf der Aartalbahnstrecke von Wiesbaden nach Langenschwalbach. Der Ort war im 19. Jahrhundert ein beliebter Kurort des Hochadels, da man dort vergleichsweise unerkannt bleiben konnte. Die Kaiserin soll sich bei ihren Spaziergängen im Kurort stets einen Sonnenschirm vor das Gesicht gehalten haben, um nicht erkannt zu werden. Bei einem ihrer Ausritte am frühen Morgen soll sie an der Stelle angekommen sein, an der heute der Elisabethen-Tempel steht. Von dort kann man über die heutige Kurstadt blicken. Elisabeth soll diesen Ausblick genossen haben.

Susanne Kronenberg (geb. 1958)
Schriftstellerin und Krimi-Autorin im Taunus

Susanne Kronenberg
Susanne Kronenberg. ©Susanne Kronenberg

Die Schriftstellerin und Krimi-Autorin Susanne Kronenberg wurde am 3. Dezember 1958 in Hameln geboren und lebt heute in der hessischen Stadt Taunusstein. Susanne Kronenberg studierte in Göttingen und Hannover Innenarchitektur mit Abschluss Dipl.-Ing. (FH). Danach war sie als Volontärin und Redakteurin für einen Fachzeitschriften-Verlag tätig. Susanne Kronenberg arbeitet als freie Schriftstellerin und Autorin und ist Mitglied im „Syndikat“, einer Autorengruppe für deutschsprachige Kriminalliteratur. Zudem leitet sie Workshops und Kurse für kreatives Schreiben. Susanne Kronenberg veröffentlichte u. a. zahlreiche Kriminalromane und Bücher zu historischen und regionalen Themen.

Darunter die Romane Totengruft (Gmeiner-Verlag 2014, ISBN 978-3-8392-1527-2.), Edelsüß (Gmeiner-Verlag 2012, ISBN 978-3-8392-1323-0), Kunstgriff (Gmeiner-Verlag 2010, ISBN 978-3-8392-1048-2), Rheingrund (Gmeiner-Verlag 2009, ISBN 978-3-89977-801-4), Weinrache (Gmeiner-Verlag 2007, ISBN 978-3-89977-726-0) oder Kultopfer (Gmeiner-Verlag 2006, ISBN 3-89977-695-X) sowie historisches wie 66 Lieblingsplätze und 11 Winzer (Gmeiner-Verlag, 2011 ISBN 978-3-8392-1157-1).

Arno Semmel (1929-2010)
Der erdwissenschaftliche Forscher im Taunus

Arno Semmel
Arno Semmel. ©Alexander Stahr

Mit der Erforschung der Taunuslandschaft ist der Name von Prof. Dr. Dr. h. c. Arno Semmel eng verbunden. Arno Semmel wurde 1929 in Selchow, Pommern, geboren und studierte von 1953 bis 1959 Geographie, Geologie und Chemie in Rostock, Berlin und Frankfurt am Main. 1967 habilitierte er sich für das Fach Geographie an der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Semmel war unter anderem Regierungsgeologe des Staatlichen Geologischen Dienstes in Hessen (SGD) am Hessischen Landesamt für Bodenforschung in Wiesbaden (heute Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, kurz HLUG), Wissenschaftlicher Rat und Professor am Geographischen Institut der Universität Würzburg und zuletzt Professor am Institut für Physische Geographie der Universität Frankfurt am Main. 1991 erfolgte auf eigenen Wunsch die Versetzung in den Ruhestand. Danach hatte er bis 1999 einen Lehrauftrag für Quartärgeologie am Institut für Geowissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Die naturwissenschaftlich-mathematische Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg verlieh Arno Semmel anlässlich ihres 600jährigen Bestehens im Jahr 1986 die Ehrendoktorwürde (Dr. rer. nat. h. c.) „…für seine grundlegenden und wegweisenden Beiträge zu einer ökologisch orientierten und anwendungsbezogenen Geomorphologie“. Semmel machte sich speziell auch um die Erforschung, Gliederung und Datierung der eiszeitlichen Deckschichten im mitteleuropäischen Raum und somit auch des Taunus verdient. Er erkannte ihre Bedeutung für die Bodenentwicklung, den Landschaftshaushalt und somit für die Standortqualität. Ebenfalls zu erwähnen ist die auf ihn zurückzuführende Gliederung und zeitliche Einordnung von Flussterrassen und ihren Sedimenten. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Quartärgeologie, die Bodengeographie und die angewandte konventionelle Geomorphologie. Zahlreiche Datierungen im Würm-Löss, seine Stratigraphie sowie quartärstratigraphische Begriffe gehen auf Arno Semmel zurück. Semmel führte weltweit Forschungsprojekte durch, dabei oft als Gutachter im Rahmen der Entwicklungshilfe, Regionalplanung oder Umweltsicherung. Doch er blieb dem Taunus bis zu seinem Ableben treu.