Blick vom Kapellenberg
Blick vom Kapellenberg in Richtung Frankfurt a. M. ©Karl-Josef Sabel

Der 292 m über NHN hohe Kapellenberg bei Hofheim am Taunus im Main-Taunus-Kreis ragt spornartig in die Mainebene hinein und war bereits in der Jungsteinzeit (Neolithikum) von großer Bedeutung für die Siedlungsgeschichte der Region. Ein Ringwall der Michelsberger Kultur (etwa 4400 bis 3500 v. Chr.), die zweitgrößte vorgeschichtliche Anlage im Taunus, diente als Verteidigungsanlage der darin einst befindlichen Siedlung. Der Wall umschließt eine Fläche von rund 46 Hektar, was auf die ehemals große Bedeutung der Anlage hinweist. Auch die Überreste eines römischen Wachturms zeugen von der historischen und militärischen Bedeutung des Kapellenbergs, von dem aus das Untermaingebiet überblickt werden kann.

Blick vom Kapellenberg
Blick vom Kapellenberg Richtung Untermain-Gebiet. ©Karl-Josef Sabel

Zweifellos ist die geschichtliche Bedeutung des Kapellenberges bei Hofheim am Taunus seiner exponierten, spornartigen Reliefform geschuldet. Zum einen lässt sich vom „Bug“ des Berges vorzüglich ein erheblicher Teil des Untermaingebietes überblicken, was schließlich später auch die Römer nutzten. Darüber hinaus wurde infolge der Talbildung des Schwarzbaches der Sporn des Kapellenberges herausgearbeitet und der Osthang tektonisch versteilt. Das Plateau ist von Hängen mit erschwerter Zugänglichkeit umgeben, was sich für eine Verteidigungsanlage bestens nutzen lässt. Zugleich wurde die Bergform so markant geformt, dass sie aus Sicht des Untermaingebietes eine charakteristische Optik erhält, die eine Wiedererkennung erleichtert. Der Kapellenberg bietet also ideale naturräumliche Voraussetzungen für eine Befestigung in unmittelbarer Nachbarschaft und Sichtlage zum Siedlungsraum, der durch die leicht zu bearbeitenden und überaus ertragreichen Böden geprägt ist.

Blick auf den Kapellenberg
Blick auf den Kapellenberg. ©Karl-Josef Sabel

Die tektonische Struktur des Kapellenberges

Naturraum Rhein-Main-Gebiet und Taunus
Naturraum Rhein-Main-Gebiet und Taunus. ©Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Diese exponierte Struktur basiert ganz wesentlich auf seinem geowissenschaftlichen Habitus. Dazu zählt vor allem seine geologisch-tektonische Entwicklung. Die Karte der dreidimensionalen Darstellung des Naturraumes im Umkreis des Kapellenberges lässt zwei markante Landschaftsstrukturen erkennen. Zum einen handelt es sich um den von Südwest nach Nordost ziehenden Taunuskamm und Vortaunus, der wie eine markante Barriere von Rüdesheim bis nach Butzbach in der Wetterau reicht. Zum anderen erstreckt sich in fast komplementärer Richtung keilartig geformt ein Höhenzug zum Main hinführend, dessen östliche Begrenzung der Kapellenberg darstellt. Dieser Rücken ist deutlich gegenüber seiner Umgebung erhaben, was sich am Wiesbadener Kreuz eindrucksvoll „erfahren“ lässt.

Schematischer Querschnitt durch den Taunussüdrand
Schematischer Querschnitt durch den Taunussüdrand. Die Grafik zeigt die relativ zueinander verschobenen Schollen des Vortaunus infolge der seit längerem andauernden Hebung des Taunus. Nördlich des Hofheimer Kapellenberges mit den tertiären Sedimenten folgt die geologische Vordertaunus-Einheit mit vordevonischen Gesteinen. In Richtung Süden folgen die Flussterrassen des Mains. ©Ewald Langenscheidt

Die geologisch-tektonische Karte offenbart, dass die Reliefstrukturen an markante Gesteinsgrenzen gebunden sind, die durch Verwerfungen getrennt werden. Sie belegen tief reichende Risse und Schwächelinien im Erdmantel, an denen die Gesteinsmassen zueinander verstellt sind, in „Gräben“ abgesenkt oder als „Horste“ gehoben. Diese Strukturen sind geologisch-tektonisch bedingt und repräsentieren zum einen den Faltenbau des Rheinischen Schiefergebirges, dem der Taunus angehört, zum anderen den wesentlich jüngeren Verlauf des Oberrheingrabens. Die Gebirgsscholle, zu der auch der Kapellenberg zählt, erstreckt sich von Lorsbach/ Langenhain/Medenbach über Diedenbergen, Weilbach bis Hochheim/Flörsheim. Wegen der tektonischen Hebung der Gebirgsscholle gegenüber dem Umland spricht man vom „Eppsteiner Horst“. Er baut sich vergleichsweise zur Nachbarschaft aus älteren Gesteinen auf, die in den Absenkungsgebieten wie dem Hattersheimer Graben und im Raum Wiesbaden/Mainz tief in den Untergrund versunken sind. Als Teil des Oberrheingrabens sinkt das Taunusvorland z. B. gegenüber dem Eppsteiner Horst seit ca. 20 Millionen Jahren ab. Ausgelöst durch die Nordwanderung des afrikanischen Kontinents, dem Zusammenstoß mit Eurasien und der Gebirgsbildung der Alpen dehnten sich die Gesteinsplatten in Süddeutschland, und es brach dann der Oberrheingraben von Basel bis Mainz ein. Das Bruchsystem setzt sich weiter über das Untermaingebiet in die Wetterau zum Vogelsberg fort, wo an den Verwerfungen basaltische Lava in so gewaltigen Mengen aufströmte, dass das größte Vulkangebiet Europas entstand. Die westlichen Randspalten dieses Grabensystems verlaufen über Nierstein, Flörsheim, Bad Weilbach, durch Marxheim, entlang des Kapellenberges auf Hornau zu und sind Teil einer vom Mittelmeer über die Rhone bis in den Mjösensee in Südnorwegen quer durch Europa verlaufenden Bruchzone, der Mittelmeer-Mjösen-Zone.

Beim Aneinandergleiten der Gesteinsmassen entlang der Verwerfung bauen sich oft Spannungen auf, die sich dann irgendwann ruckartig lösen, was die wiederholten Erschütterungen auslöst, die als Erdbeben erfasst werden. Sie treten angesichts der Bewegungsaktivität des Oberrheingrabens im angesprochenen Naturraum auffallend gehäuft auf, zuletzt z. B. 2010. Aber auch die Vielzahl und charakteristische Verteilung von Mineralquellen (Bad Weilbach, Flörsheim, Hofheim) belegen die tektonische Sonderstellung des Horstes. Die Wässer strömen an den Verwerfungen aus großer Tiefe des Grabens an die Oberfläche, da ihr unterirdischer Verlauf durch die Gesteinsverschiebungen blockiert ist. Oft handelt es sich bei den größeren Randverwerfungen um eine Bündelung von Rissen, innerhalb derer wiederum kleine Schollen zueinander treppenartig verstellt sind, was als Staffelbruch beschrieben wird. Dies ist an der Ostflanke des Kapellenberges gut zu erkennen, wo der Steinberg gegenüber dem Kapellenberg eine mittlere und das agrarisch genutzte Vorland eine noch tiefere Scholle repräsentieren.

Die Gesteine des Untergrundes

Die Gesteine des Taunus bestehen im Kammbereich vornehmlich aus Schiefern und Quarziten, die während des Unterdevons (vor 398 bis 408 Mio. Jahren) als tonige bzw. sandige Meeresablagerungen sedimentiert und später durch druck- und temperaturbedingte Umformung (Metamorphose) entstanden sind. Im Raume Eppstein und Lorsbach treten sogar noch ältere Phyllite, Grünschiefer und Serizitgneise auf, die teilweise bis in die Zeitalter Silur (444 – 408 Mio. Jahre) und Ordovizium (488 – 444 Mio. Jahre) zurückdatiert werden.

Rotliegendkonglomerat
Gesteine des Rotliegend bilden die Basis des Kapellenbergs und liegen teilweise als Konglomerate vor. Dabei sind gröbere und gerundete Gesteinsbrocken mit einem feinen Bindemittel verkittet. ©Alexander Stahr

In diesem Bereich setzt der Eppsteiner Horst an. Ab der Linie Langenhain/südlicher Ortsausgang Lorsbach tritt kräftig roter Gesteinsschutt auf, der in das Zeitalter Rotliegend datiert ist (286 – 258 Mio. Jahren). Es handelt sich um Abtragungsschutt aus dem Rheinischen Schiefergebirge. Das damalige Klima war wüstenhaft heiß und das Gestein lag schutzlos offen zutage. Wie in den heutigen Wüsten zertrümmerte die vornehmlich physikalische Verwitterung durch den extremen täglichen Temperaturwechsel das Festgestein und das freiwerdende Eisen oxidierte tiefrot (Hämatit). Die gelegentlichen unwetterartigen Starkregen spülten in rauschenden Sturzfluten die Gesteinstrümmer über Hangschleppen und Wadis in eine lang gezogene, tektonisch angelegte Abtragungssenke, die sich parallel zum Soonwald und Taunuskamm vom Saarland bis nach Thüringen (SaarSaale-Senke) hinzieht und in der Breite von Hofheim bis Darmstadt reicht. Trotz der fortschreitenden Absenkung, glichen die Einlagerung der Gesteinsmassen und der Abtrag des Gebirges die Höhenunterschiede weitgehend aus. Verbreitet verdichtete der Gesteinsschutt zu großen Blöcken und liegt dann als Konglomerat oder Brekzie vor. Dieser Rotliegendschutt ist im Taunusvorland oberflächennah nur noch auf den Eppsteiner Horst beschränkt, ansonsten im Untermaingebiet tektonisch abgesenkt und erst in größerer Tiefe erbohrbar. Am Kapellenberg ist das Rotliegend-Gestein vornehmlich am Unterhang der Westflanke Richtung Lorsbach noch zugänglich, ansonsten von jüngerem Quarzkies überschüttet. Eine Ausnahme präsentiert der Graue Stein unweit des Cohausen-Tempels, der sich ob seiner gewaltigen Größe standhaft dem Hangabtrag und der Verschüttung widersetzt.

Der Graue Stein
Der Graue Stein. ©Karl-Josef Sabel

In der Folgezeit waren der Taunus und die Saar-Saale-Senke vornehmlich Abtragungsgebiet, so dass keine Relikte erhalten blieben. Dann aber vor ca. 40 Mio. Jahren, schon im Zeitalter des Tertiärs, veränderte sich der Naturraum im Rhein-Main-Gebiet infolge der alpidischen Gebirgsbildung und der Entstehung des Oberrheingrabens entscheidend, und das heutige Relief wurde initiiert. Der größte Teil des Untermaingebietes sank langsam, aber stetig ab und analog zur Absenkung des Grabens hob sich der Eppsteiner Horst, aber auch der Taunus.

Durch die Öffnung des Oberrheingrabens drang im Oligozän (vor 34 – 23 Mio. Jahren) wiederholt von Süden aus dem heutigen Mittelmeerraum, aber auch von Norden her das Meer ins Rhein-Main-Gebiet. Dabei lagerten sich Tone und Sande ab. Nach einer erneuten Transgression wurden Kalke ausgefällt, die zu Kalksteinen verhärteten und im Stadtgebiet stellenweise bautechnische Probleme verursachen. Die Flutung des Meeres reichte bis nach Langenhain und dem Lorsbacher Kopf in Verlängerung des Kapellenberges und ist an der auffälligen Scharung von großen, gut gerundeten Quarzblöcken rekonstruierbar, die als Brandungsgerölle interpretiert werden.

Hofheimer Kiese
Hofheimer Kiese. ©Alexander Stahr

Zugleich wurden über Flussläufe Quarz- und Quarzitkiese aus dem Taunus eingespült, die auf dem Kapellenberg, aber auch in den Wäldern zwischen Langenhain und Diedenbergen als „Hofheimer Kies“ in größerer Mächtigkeit abgelagert wurden. Obgleich diese Gesteinsarten im Rückland zum Taunus hin eher gering verbreitet sind, dominieren sie wegen ihrer enormen Verwitterungsresistenz im Vergleich zu Schiefer oder Phyllit in den Kiesablagerungen.

Diese signifikante Häufung belegt das damals vorherrschend tropisch bis subtropische Klima im Tertiär. Unter feucht-heißem Klima wurden die meisten Gesteinsmineralien fast durchweg zu Ton zersetzt, so dass die verbreiteten Schiefer, Phyllite und Serizitgneise tiefgründig aufgelöst und nur die Gangquarze und Quarzite als Kies oder Blöcke erhalten blieben. Bei dieser Verwitterungsintensität wurde auch Eisen freigesetzt und als Konkretionen im tieferen Untergrund wieder ausgefällt. Daher findet man nahe dem Lorsbacher Kopf und im Wald bei Langenhain und Wildsachsen verbreitet Schürfgruben (Pingen), in denen die Vererzungen abgebaut wurden.

Nach dem letzten Meeresvorstoß hatte sich der Horst gegenüber dem Umland soweit gehoben, dass er sich zum terrestrischen Festland und Abtragungsbereich wandelte. Weitere tertiäre Sedimente, die im Main-Taunus-Vorland noch in mächtigen Straten verbreitet sind, wurden nicht mehr abgelagert bzw. blieben nicht erhalten. Die heutige Reliefstruktur wird geboren.

Bei einer Wanderung über den Kapellenberg zur Gundelhard, aber auch von Diedenbergen über das Bahnholz auf Langenhain zu fällt die Häufung von Verebnungen bzw. das Wiederkehren bestimmter orographischer Höhen auf. Analoge Niveaus kommen im gesamten Taunus verbreitet vor und sind dort oft mit tonigen, aus dem Tertiär stammenden Bodenresten charakterisiert. Sie werden als ehemalige, im Tertiär geformte Geländeoberflächen, als Rumpfflächen gedeutet. Sie konnten auch von Fließgewässern genutzt werden.

Die Flussgenese des Schwarzbaches

Die Entstehung der heutigen Flusslandschaften ist auf geologisch junge Zeitabschnitte beschränkt. Prinzipiell entstehen Talformen durch den Gefällewechsel des Gewässerverlaufes und die Abtragungs- oder Aufschüttungskraft des fließenden Wassers. Diese wiederum ist abhängig von den Klimaverhältnissen, die sich in der jüngeren geologischen Vergangenheit, vor allem während des Quartärs, die Abfolge der Eis- und Warmzeiten (seit 2,6 Mio. Jahren), wiederholt grundlegend wandelten.

Die Tallandschaft des Schwarzbaches ist überaus abwechslungsreich und spannend. So ist der Oberlauf in Ober- und Niederrod durch sanfte Talformen und geringes Gefälle gekennzeichnet. Die flachwellige Landschaft ist während des geologischen Zeitalters des Tertiärs (70 – 2,6 Mio. Jahre vor heute) geprägt worden. Unter dem damaligen tropisch-subtropisch heißen und feuchten Klima setzte eine intensive Verwitterung des Gesteinsuntergrundes ein, der bis auf den milchig weißen Quarz tiefgründig zu Ton zersetzt wurde.

Da der Taunus damals nur wenig über dem Meeresspiegel lag, hatten die Flüsse auch kein Gefälle. Infolge dessen entstanden weit gespannte Ebenen, die heute noch im Hintertaunus und Vordertaunus in Resten erhalten sind und als Rumpfflächen rekonstruiert werden können. Während die flache, ebene Landschaft im Ober- und Mittellauf im Gestein des Rheinischen Schiefergebirges angelegt war, ging sie übergangslos in die Kiesaufschüttungen am Kappellenberg über. Ausgeprägte Talformen gab es in dieser Flachlandschaft nicht.

Informationstafel am Wanderweg „Mensch und Erde“
Eine Informationstafel am Wanderweg „Mensch und Erde“, der zwischen dem Parkplatz Hofheim Waldfriedhof und Lorsbach verläuft, informiert über die Geschichte des Schwarzbaches. ©Alexander Stahr

Spätestens ab Mitte des Quartärs (vor ca.1 Mio. Jahren) gewann der Schwarzbach seine heutige Gestalt. Das Eigenleben der Flüsse änderte sich in den Eiszeiten radikal. Vor allem während der Schneeschmelze im arktischen Frühsommer führten die Flüsse ungemein große Wassermengen, da das frei gewordene Wasser wegen der Bodengefrornis nicht versickern konnte und oberflächlich abfloss. Dabei wurden extreme Mengen an Energie zum Transport von Steinen frei, die rollend aneinander stießen und nach und nach zu gerundeten Kiesen wurden.

Dieser Vorgang wiederholte sich Jahr für Jahr, so dass auf der gesamten Flusslänge ein Kiesbett, eine Flussterrasse, entstand, das – anders als im Tertiär – sich durch ein buntes Gesteinsspektrum auszeichnete. In der nachfolgenden Warmzeit war das Fließverhalten der Flüsse ausgeglichener, sie besaßen weniger Transportkraft und lagerten nur noch feinere Sedimente ab. Die offenen liegenden Kiese wurden dann mit Lehm bedeckt, eine Aue entstand.

In der nächsten Eiszeit begann das Spiel von neuem. Die gewaltigen Wassermassen räumten das alte Kiesbett weitestgehend aus. Dabei schürften die Schotter an der Flusssohle und vertieften das Bett, schütteten eine neue Kiesterrasse auf, und es entstand anschließend unter erneuten warmzeitliche Bedingungen eine neue, tiefer als die alte gelegene Aue. Anhand der nicht ausgeräumten Reste der älteren Terrassen lässt sich die Abfolge von Einschneidung und Aufschotterung sowie der Verlauf des Gewässers rekonstruieren.

Ein weiterer Impuls prägte die Flussgestaltung des Schwarzbaches zu Beginn des jüngeren Quartärs. Eine unvermittelt einsetzende tektonische Aktivität vergrößerte die Höhendifferenz zwischen dem absinkenden Oberrheingraben und dem Eppsteiner Horst. Es wuchs der Gefällesprung ab dem Kapellenberg, wo das aktive Senkungsgebiet ansetzt, und er vergrößert sich bis heute. Die Sprunghöhe verstärkte die Flusserosion in den Eiszeiten entscheidend, so dass der Schwarzbach gezwungen wurde, durch schnelle Tieferlegung seines Bettes die Untergrundbewegungen auszugleichen. Um diese Vertiefung zu leisten, konnte er sich kaum verbreitern. Daher ist heute im Mittellauf des Schwarzbaches zwischen Hofheim und Eppstein ein „wildes, ungezähmtes“ Engtal erhalten, das deshalb während der Romantik als „Nassauische Schweiz“ gerühmt wurde.

Darüber hinaus endete der frühe Schwarzbach etwa in der heutigen Stadtmitte und mündete in den Main, der damals auf der Höhe Diedenbergen – Marxheim floss. Die Kieskörper z. B. im Hochfeld belegen diesen einstigen Flusslauf des Mains. Als er sich nach und nach in sein heutiges Bett „zurückzog“, folgte der Schwarzbach, gewann an Gefälle und verlängerte seinen Lauf.

Die Böden des Kapellenberges

Das Ausgangsgestein der Bodenbildung

Geologische Karte des Kapellenberges
Geologische Karte des Kapellenberges. ©Hessisches Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie, Wiesbaden

Den unmittelbaren Untergrund, aus denen sich die Böden entwickelten, bildeten die Gesteine des Eiszeitalters (Quartär). Die jüngeren Warmzeiten ähnelten der derzeitigen, waren z.T. sogar etwas wärmer, während die Eiszeiten sich als vorwiegend bitter kalte, trockene Steppen mit tiefer Bodengefrornis präsentierten.

Wenn die jüngsten Gesteinsschichten geringmächtiger als ein Meter sind, werden sie auf geologischen Karten sozusagen „abgedeckt“ und der unterlagernde Untergrund dargestellt. Daher „gibt“ es auf dem Kapellenberg gemäß geologischer Karte keine quartären Gesteine, lediglich an seiner Ostflanke wird am Mittel- und Unterhang Lösslehm (aus umgelagertem Löss) kartiert.

Der Löss, ein im Rhein-Main-Gebiet weit verbreitetes äolisches mehlähnliches Sediment, entstand beim Flusstransport, wenn die Kiese aneinander schlugen und sich große Mengen an feinen Gesteinsplittern anhäuften. Diese wurden dann von den stürmischen Winden aufgenommen und als Flugstaub in die Landschaft getragen. Vornehmlich in den Flachlandschaften und den seichten, konkaven Hängen, und hier bevorzugt in Lee-Lage, also an den nach Osten exponierten Flanken, blieb der Löss erhalten und reicherte sich im Laufe der Zeit an. Dies erklärt die bevorzugte Anreicherung trotz hangbedingter Umlagerung an der Ostflanke des Kapellenberges und nicht am steilen, nach Westen exponierten Luvhang zum Schwarzbach hin. Ansonsten ist er weit verbreitet in den Ebenen des Rhein-Main-Gebietes, so auch zwischen Hofheim und Kriftel oder auf dem Hochfeld bei Marxheim. Der Löss spielt für die Bodenbildung unserer Warmzeit eine überragende Rolle, da im Wesentlichen aus seinem Mineralbestand durch Verwitterung Pflanzennährstoffe freigesetzt und sorptionsfähige Tonminerale neu gebildet werden, die düngefähig sind und die Wasserspeicherung verbessern. Alle anderen Gesteinsarten im Eppsteiner Horst und vor allem am Kapellenberg sind viel zu grob und unter dem derzeitigen Klima praktisch nicht verwitterungsfähig.

Bodenlandschaftselemente am Kapellenberg
Bodenlandschaftselemente am Kapellenberg. ©Karl-Josef Sabel

Dort, wo die geologische Karte kein Quartär darstellt, stehen so genannte periglaziär gebildete Solifluktionsdecken (Lagen) an, die das Untergrundgestein (z. B. Hofheimer Kies) durch Frostdynamik (Kryoklastik, Kryoturbation und Gelisolifluktion) strukturell verändert haben. Dabei taute im arktischen Sommer die Bodengefrornis einige Dezimeter auf und das enteiste Wasser übersättigte den Gesteinsbrei und ließ ihn langsam hangabwärts fließen. Darüber hinaus wurde z. T. äolisches Fremdmaterial, vornehmlich Löss, Sandlöss, Flugsand, aber auch vulkanischeAsche wie die Laacher-See-Tephra, eingeweht und beigemischt. Daher kann die mineralogische und geochemische Zusammensetzung lagenspezifisch variieren und von der Chemie des anstehenden Gesteins deutlich abweichen.

Der wiederholte morphodynamische Prozess des Bodenfließens und -vermischens, der zu einer mehrgliedrigen Schichtung der Solifluktionsdecke (Haupt-, Mittel-, Basislage) führen kann, ist auf allen Gesteinen, selbst im Löss, der dann zu Lösslehm wird, nachweisbar. Zwischen den einzelnen Solifluktionsphasen setzte immer wieder Erosion ein, die z. T. die jeweils älteren Lagen abtrugen. Der Prozess des Bodenfließens fand seinen Abschluss erst im Übergang vom Ende der letzten Eiszeit zur derzeitigen Warmzeit (Holozän), vor ca.12.000 Jahren. Das zügige Einsetzen der warmzeitlichen, holozänen Vegetationsausbreitung und der Wiederbewaldung „schützte“ die jüngste Lage und verhinderte eine großräumige, flächenhafte Abtragung. Die finale Solifluktionsdecke, die Hauptlage, ist folglich außer auf aktuellen warmzeitlichen (holozänen) Sedimenten und Felsdurchragungen ubiquitär verbreitet.

Die Bodenformen des Kapellenberges

Braunerde
Braunerde aus Hauptlage. ©Karl-Josef Sabel

Die Verteilung der Bodenformen und ihrer Eigenschaften am Kapellenberg ist ganz wesentlich an die eiszeitlichen Solifluktionsdecken und deren Zusammensetzung gebunden, was wiederum mit der Reliefstruktur des Berges zusammenhängt. Daher treten in bestimmten Hanglagen typische Böden auf. Auf dem Rücken des Kapellenberges, also auch innerhalb der Wallanlage, dominieren so genannte Braunerden aus Hauptlage, der jüngsten Solifluktionsdecke aus vielen Quarzkiesen mit mehr oder minder mäßigem Lössanteil. Vor allem das lössbürtige Eisen ist zu Brauneisen (Goethit) oxidiert, was den Böden den Namen gibt. Die Böden sind nährstoff- und basenarm, haben wegen des hohen Steingehaltes nur eine eingeschränkte Wasserspeicherkapazität und eine Durchwurzelungstiefe von allenfalls 0,5 Meter. Die Standorte sind als Grünland nutzbar, aber nur sehr beschränkt ackerfähig.

Auf die Gaststätte Viehweide und den Steinberg zu geht der Hang in einen konkaven Unterhang über, wo, ob der eingeschränkten Erosionsgefährdung, auch noch die nächst ältere lösshaltige Solifluktionsdecke, die Mittellage erhalten ist. Dies erweitert vor allem den Wurzelraum auf bis zu 1,2 Meter Tiefe. In Leelage zur Westwindtrift ist an der ostexponierten Hangflanke auch ein deutlich höherer Lössanteil erhalten, was den sehr nachteiligen Steinanteil im Boden mindert, die Wasserspeicherung wesentlich verbessert und eine stete Nachlieferung primärer Basen gewährleistet. Die Böden, als Zweischicht-Parabraunerden benannt, wurden bis in die jüngere Vergangenheit ackerbaulich genutzt. Dies ist unschwer an aufgelassenen Ackerterrassen und -rainen erkennbar. Zudem belegen kleinere Erosionsgräben, dass längerfristig kein geschlossener Waldbestand verbreitet und linearer Bodenabtrag möglich war. Die ungleich attraktiveren Bodenverhältnisse werden durch die hochwertige Ertragsleistung des aktuellen Waldbestandes belegt.

Podsol
Podsol. ©Karl-Josef Sabel

Der kleinwüchsige und schüttere Kiefernbestand oberhalb des Cohausen-Tempels belegt die extrem mageren Standortverhältnisse am Sporn des Kapellenberges. In dieser exponierten Hanglage hat sich kaum Löss in der jüngsten Solifluktionsdecke erhalten, die sich daher fast ausschließlich aus Quarzkies zusammensetzt. Infolge dessen sind die Böden basenarm und sehr sauer, trocken und flachgründig. Offenbar war der Standort lange Zeit unbewaldet, denn es sind junge, nicht eiszeitliche Bodenbewegungen (Holozänlage) zu beobachten. Sie bestehen ausschließlich aus Quarzkies und sind so sauer, dass Podsolierung eingesetzt hat, bei der ob des geringen pH-Wertes von ca. 2,8 – 3,0 sogar Eisen und Mangan mobilisiert wird, was die oberen Bodendezimeter entbraunt und grau färbt.

Richtet sich der Blick auf das Umland, so zeigt sich, dass in mittelbarer Nähe sehr ertragreiche Böden verbreitet sind. Es handelt sich um Böden vornehmlich aus reinem Löss, die zur Zeit der Michelsberger Kultur sogar noch schwarzerdeähnlich gewesen sein können, bevor sie dann zu den heutigen Parabraunerden degradierten. Auch wenn die damalige Bodenformvereilung nicht exakt rekonstruierbar ist, so zählen die Lössböden gleich welcher Entwicklungsstufe doch schon zu den bevorzugten Agrarstandorten des Neolithikums. Die agrarische Eigenversorgung innerhalb der Wallanlage war sicher schwierig wenn nicht gar unmöglich, aber eine Zulieferung aus dem landwirtschaftlich hochwertigen benachbarten Umland recht unproblematisch.

Der Autor Prof. Dr. Karl-Josef Sabel war Geologiedirektor am Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) in Wiesbaden und Leiter des Dezernates Bodenkundliche Landesaufnahme. Ab 1997 Professor für Bodenkunde an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Seit vielen Jahren führt Sabel interessierte Menschen durch den Taunus und sein Umland. Zu den begeisterten „Kunden“ Sabels gehören neben dem Taunusklub zahlreiche Verbände und Bildungseinrichtungen im Rhein-Main-Gebiet.